Der Freeliner – mehr als nur ein Hilfsmittel

Modernes Design, Sportlichkeit und Fahrspaß – mit diesen Attributen soll der Freeliner, ein dreirädriger Elektroroller des Karlsruher Herstellers OrangeBike Concept, Käufer locken. Das ungewöhnliche Konzept zielt besonders auf Nutzer, die keine weiten Strecken zu Fuß bewältigen können, sich aber noch zu jung für ein herkömmliches Hilfsmittel fühlen. Wie sich der Freeliner in der Praxis schlägt? RehaTreff Autor Eric Scharfenort hat das Elektromobil auf der REHACARE einem ausführlichen Test unterzogen.

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Meine Zeit mit dem Freeliner beginnt im Parkhaus auf dem Gelände der Düsseldorfer Messe. Das Fahrzeug aus stabilem Aluminium liegt im Kofferraum, auf handliche 74 x 63 x 80 Zentimeter zusammengefaltet. Fahrfertig bringt der Freeliner ein Gewicht von 32 Kilogramm auf die Waage. Für ein Elektrofahrzeug dieser Art ein guter Wert. Beim Heben über die Ladekante des Autos entlastet eine zweite Person jedoch ungemein. Wenn keine Hilfsperson zur Seite steht, können die hinter dem Vorderrad verbauten Akkus per Schnellverschluss entnommen werden, dadurch sinkt das Gewicht spürbar. Nun klappe ich den Rahmen auseinander und arretiere ihn per Schnellverschluss. Hierbei ist besondere Vorsicht geboten, dass kein Finger in den Klappmechanismus gerät. Anschließend bringe ich Lenker und Sattel in ihre Position und sichere diese ebenfalls mit einem Schnellverschluss. Die nötigen Handgriffe erledige ich auch ohne Anleitung in wenigen Minuten und der Freeliner ist abfahrbereit.

Sparsam und nahezu geräuschlos

Per Dreh am Gasgriff nimmt der an der Vorderradnabe montierte, wartungsfreie Elektromotor seinen Dienst auf und beschleunigt den Freeliner auf bis zu 20 km/h. Bei der Motorisierung des Testfahrzeuges (750 Watt) benötigt der Fahrer keinen Führerschein, eine Mofa-Prüfbescheinigung reicht aus. Helmpflicht besteht keine. Die Sitzposition auf dem Freeliner ist aufrecht, der Sattel bequem, das Fahrzeug gut gefedert und die Füße finden auf Fußrasten neben dem Vorderrad platz. Ein Display informiert über Geschwindigkeit und Akkukapazität. Die Leistung eines Akkus reicht für rund 35 Kilometer, mit dem optional erhältlichen Zweiten verdoppelt sich die Reichweite auf 70 Kilometer.

Der Freeliner ist kein Kurvenräuber

Die ersten Meter mit dem neuen Fahrzeug sind ungewohnt. Das intuitive Bestreben, sich wie auf einem Zweirad in die Kurve legen zu wollen, bewirkt genau das Gegenteil: Das Fahrzeug zieht in die entgegen gesetzte Richtung. Durch die hintere Starrachse bedingt, will der Freeliner durch aktive Bewegungen mit dem Lenker durch die Kurven dirigiert werden. Verzögert wird die Fahrt mittels kräftiger hydraulischer Doppelscheibenbremsanlage hinten und einer Scheibenbremse vorne.

Die anfängliche Unsicherheit durch das ungewohnte Fahrverhalten weicht schon nach wenigen hundert Metern dem versprochenen Fahrspaß. Ein echter Kurvenräuber will der Freeliner aber nicht sein. Der sichere Stand ohne Querneigung macht den Scooter laut Herstellerangaben auch für Menschen mit Gleichtgewichtsproblemen (z.B. bei MS oder nach einem Schlaganfall) attraktiv.

Wer sportlicher unterwegs sein will und kann, greift zum Modell „Skyliner“. Die stärkere Motorisierung (1300 Watt, 45 km/h) erlaubt in Kombination mit dem Carving-Fahrwerk rasante Kurvenfahrten.

Wendig und funktionell

Für die Fahrt durch die Messehallen drossele ich den Freeliner auf die erlaubten 6 km/h. Dies ist auch in Fußgängerzonen Pflicht. Wichtig: Die Fahrt durch öffentliche verkehrsberuhigte Bereiche ist nur Nutzern mit Schwerbehindertenausweis gestattet.

In den gut besuchten Hallen kann der Freeliner seine Spritzigkeit voll ausspielen. Geschickt umkurve ich Besucher und Hindernisse. Der Freeliner hat hier einen spürbaren Vorteil gegenüber herkömmlichen Elektroscootern, wirkt sehr viel jünger und dynamischer – eben nicht wie ein Hilfsmittel. Dank der hohen Sitzposition behalte ich stets den Überblick und finde routiniert mein Ziel durch die teils engen Gassen. Beim starken Beschleunigen auf glattem Untergrund neigt das Vorderrad zum Durchdrehen, was aber auf Asphalt nicht der Fall ist. Zum Abstellen wird die Feststellbremse am linken Griff betätigt und der Schlüssel abgezogen. Eine Alarmanlage, die Bewegungen des Gefährts registriert, soll potenzielle Diebe in die Flucht schlagen.

Praktisches Zubehör für den Freeliner

Für den Freeliner gibt es ein breites Angebot an Zubehör. Mit Gepäckboxen, Einkaufskörben, Trinkflaschenhaltern, Stockhalter und einem Regendach bleiben keine Wünsche offen. Ob und in welcher Höhe eine Kostenbeteiligung genehmigt wird, ist vom jeweiligen Kostenträger abhängig.

Wer die Summe von 3.999 Euro für das Basismodell investieren möchte, erhält ein robustes und alltagstaugliches Hilfsmittel, welches nebenbei auch noch ordentlich Spaß macht.

www.der-freeliner.de

Eric Scharfenort

Foto: OrangeBikeConcept GmbH

 

Dieser Artikel erschien im RehaTreff (4/2014).
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