Dringende Verbesserungen für alte, behinderte und verletzte syrische Flüchtlinge gefordert

Foto: Ottobock Stiftung
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Eine neue Studie, die am Mittwoch in London veröffentlicht wurde, zeigt, dass alte, behinderte und verletzte Flüchtlinge einen doppelten Preis im syrischen Bürgerkrieg zahlen müssen. Die Studie, die von Handicap International und HelpAge International vorgelegt wird, belegt, dass diese besonders verletzlichen Flüchtlingsgruppen nur einen eingeschränkten Zugang zu angemessener Hilfe haben.

Die beiden Hilfsorganisationen rufen alle nationalen und internationalen humanitären Akteure dazu auf, ihre Hilfe auch auf die besonderen Bedürfnisse dieser weniger sichtbaren Opfer des Bürgerkrieges auszurichten.
Der syrische Bürgerkrieg hat zur größten Flüchtlingskrise seit dem Genozid in Ruanda im Jahr 1994 geführt. Die besonders verletzlichen alten Menschen und Menschen mit Behinderungen sowie jene, die unter Kriegsverletzungen oder chronischen Erkrankungen leiden, sind einem hohen Risiko ausgesetzt, durch die Lücken des internationalen Hilfesystems zu fallen. So werden sie bei den Bedarfserhebungen, Datensammlungen, sowie der Planung und Durchführung von Hilfsmaßnahmen oft nicht ausreichend berücksichtigt. Dadurch werden ihre ohnehin schwierige Gesundheitssituation, ihr Überleben und ihre soziale Integration weiter erschwert, was zu erhöhtem psychischem Stress führt.

Die neue Studie basiert auf der Befragung von 3.200 Flüchtlingen in Jordanien und Libanon.

Die wichtigsten Ergebnisse :

– 30 Prozent der Flüchtlinge haben spezifische Bedürfnisse
– Jeder fünfte Flüchtling ist von physischen, sensorischen oder geistigen Einschränkungen
betroffen
– Jeder siebte Flüchtling leidet unter chronischen Erkrankungen

– Fünf Prozent leiden unter Verletzungen, von denen die Mehrheit aus dem Krieg resultiert

– Alte Menschen stellen 10 Prozent der Flüchtlinge mit besonderen
Bedürfnissen; 77 Prozent von ihnen sind durch eine der genannten Einschränkungen betroffen

– Durch körperliche oder geistige Einschränkungen betroffene Flüchtlinge,
leiden mehr als doppelt so oft unter psychischem Stress, als die allgemeine Flüchtlingsbevölkerung

– 65 Prozent der älteren Flüchtlinge zeigen Zeichen psychischen Stresses

– 45 Prozent der Flüchtlinge mit besonderen Probleme zeigen
Schwierigkeiten bei der Durchführung alltäglicher Tätigkeiten

„Das Fehlen psycho-sozialer Versorgung ist eine große Herausforderung, die besonders das Wohl der älteren Menschen gefährdet, aber auch ihre Familien dadurch stark belastet“, sagt Michael Bünte, Geschäftsführer von HelpAge Deutschland. „Die Hilfe muss viel stärker auf die besonderen Bedürfnisse dieser Gruppen eingehen, um so auch zusätzliche Traumata zu verhindern.“

Thierry-Mehdi Benlahsen, regionaler Nothilfekoordinator von Handicap International, stellt fest: „Die Vertreibung hat große Auswirkungen auf das tägliche Leben von Menschen mit Behinderungen und Verletzungen sowie alten Menschen. Diese benötigen dringend Zugang zu Gesundheitsversorgung und langfristigen medizinischen, finanziellen und sozialen Programmen. Die Berücksichtigung der Bedürfnisse aller Flüchtlinge ist eine Grundvoraussetzung für eine unparteiische und auf humanitären Grundsätzen basierende Hilfe.“ Handicap International und HelpAge International geben mit dem Bericht acht Empfehlungen heraus, um sicherzustellen, dass Menschen mit besonderen Bedürfnissen nicht mehr die Vergessenen dieses Konflikts bleiben und Zugang zu grundlegender Versorgung erhalten.

Die Studie basiert auf einer Erhebung im Zeitraum Oktober bis November 2013.
Sie ist unter www.helpage.de und www.handicap-international.de herunterzuladen. Dort findet sich auch eine Zusammenfassung mit den wichtigsten Ergebnissen und Grafiken.

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