Froschatmung garantiert stressfreies Atmen

Froschatmung
Ein Lehrvideo des ZSL Erlangen erklärt die genaue Technik der Froschatmung.

Menschen mit Atembehinderung oder einer Einschränkung ihrer Lungenfunktion, die von maschineller Beatmung abhängig sind, kennen die Situation genau: Sie müssen unvorhergesehen einige Minuten ohne maschinelle Unterstützung auskommen, schlimmstenfalls fällt ihr Beatmungsgerät komplett aus. Schnell kommt Panik auf und sie wissen nicht, wie sie reagieren sollen. Um dieser Problematik entgegnen zu können, sollten sich Betroffene mit effektiven Kompensationstechniken vertraut machen. Eine geeignete Methode ist die Froschatmung, eine Technik, mit welcher AnwenderInnen mittels der Mund-Rachen-Muskulatur Luft in die Lunge schlucken und darin behalten. Wenn der Anwender genügend Luft angesammelt hat, atmet er wieder aus und beginnt von Neuem.

Experten in eigener Sache des Zentrums für Selbstbestimmtes Leben (ZSL) in Erlangen beraten körperbehinderte Menschen in ganz Deutschland zum Thema Froschatmung und bieten Workshops an. Eine Initiatorin des Projekts ist Dinah Radtke, Mitbegründerin des ZSL. Ihr liegt die Froschatmung sehr am Herzen, „da es eine tolle Technik ist, die Menschen mit Beatmung helfen kann, etwas unabhängiger in ihrem Leben zu sein. Außerdem unterstützet die Technik das Selbstbewusstsein.“

Erleichterung und mehr Lebensqualität im Alltag

Mit der Atemtechnik können Anwender kurze oder auch längere Zeiträume ohne Beatmung überbrücken und dadurch Ängste abbauen. Nicht nur Alltagsanwendungen wie der Transfers vom Rollstuhl auf die Toilette oder Waschvorgänge, werden so deutlich einfacher, auch Aktivitäten in und außer Haus sind viel unbeschwerter möglich. Besonders profitieren Menschen mit Beatmung, wenn sie eine Erkältung haben. Die Froschatmung erlaubt es, tief einzuatmen, wodurch sich der Schleim besser mobilisieren und abhusten lässt. Die „Froschatmer“ steigern so ihre Lebensqualität erheblich. Oberarzt Dr. Matthias Wiebel von der angesehenen Heidelberger Thoraxklinik hält die Froschatmung ebenfalls für sehr nützlich. Er weist allerdings darauf hin: „Es ist nicht so einfach, die Technik anzuwenden, der Anwender braucht Übung. Abhängig vom jeweiligen Fall ist eine Schulung sehr sinnvoll.“ Deshalb beraten die Experten in Erlangen umfassend und bieten Schulungen an. Davon möchte auch Radtke persönlich Gebrauch machen und die Technik lernen. Sie sitzt wegen einer Muskelatrophie im Rollstuhl und ist in ihrer Atmung eingeschränkt.

Alle Interessenten haben die Möglichkeit, sich ein Lehrvideo schicken zu lassen und die Beratung in Anspruch zu nehmen. Die Aktion Mensch hat das Projekt gefördert und inzwischen läuft es gut. Bundesweit wurden bislang acht Schulungen durchgeführt, an denen neben Menschen mit Atembehinderung auch Therapeuten teilgenommen haben. Zudem wurden einige Workshops bei Kongressen angeboten. Seit diesem Jahr ist die Froschatmung in Zusammenarbeit mit der „Deutschen Gesellschaft für pflegerische Weiterbildung“ dauerhaft im Curriculum für die Weiterbildung zum Atmungstherapeuten integriert.

Hintergründe:
Die Froschatmung wurde in den 1950er Jahren während den Polio-Epidemien von Betroffenen entwickelt und gelehrt. In Großbritannien und in Kanada ist die Atemtechnik noch heute Unterrichtsinhalt. Leider geriet das Wissen um diese Technik in Deutschland in Vergessenheit. Der Ideengeber der Froschatmungs-Initiative, Stefan Berlinger, fand es wichtig, dass die Technik in Deutschland wieder bekannt wird. Menschen mit Beatmungsproblemen sollen selbst aktiv werden und selbstbewusst ihr Leben gestalten.

Das ZSL Erlangen setzt sich seit seiner Gründung vor 25 Jahren aktiv für ein selbstbestimmtes Leben beatmeter Menschen ein. Es arbeitet bereits seit 1989 mit hauptamtlichem Personal und betreibt eine Beratungsstelle und eine Assistenzorganisation. Die Beratungsstelle berät zu allen Themen, die Behinderung betreffen, nach der Methode des Peer Counseling. Es bestehen seit Jahren intensive bundesweite Kontakte zu beatmeten Menschen und den unterschiedlichen Organisationen sowie Verbänden in diesem Bereich.

Weitere Informationen zur Froschatmung und zum ZSL gibt es unter: www.froschatmung.de und www.zsl-erlangen.de.

Autor:
Marcel Renz

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