Georg Kreiter: Vom Pechvogel zum Doppel-Weltmeister

Bei den Paralympics in Sotschi war Monoskifahrer Georg Kreiter auf Goldkurs. Letztes Rennen: Riesenslalom, seine Spezialdisziplin. Nach einem verhaltenen ersten Lauf legte er im zweiten Durchgang eine fulminante Fahrt hin – und schied aus. Eine Bodenwelle verhinderte den großen Traum von einer Medaille. „Das war schon ein tiefer Einschnitt für mich. Ich war so knapp davor, aber es sollte nicht sein. Ich habe schon längere Zeit gebraucht, um es zu verarbeiten und abzuhaken“, erklärt der 30-jährige Thanninger (Bayern). Ein Jahr später wurde der Pechvogel von Sotschi dann zum freudestrahlenden Doppel-Weltmeister von Panorama (Kanada).

Ralf Kuckuck, DBS-Akademie
Foto: Ralf Kuckuck, DBS-Akademie

In der Superkombination und im Riesenslalom schaffte es der querschnittsgelähmte Monoskifahrer überraschend ganz nach oben aufs Treppchen, jubelte zwölf Monate nach der bitteren Enttäuschung über zweifaches Gold. „Das war sehr wichtig für mich. Ich habe diesen Erfolg gebraucht“, betont Kreiter. „Wenn ich wieder ohne Medaille nach Hause gekommen wäre“, sagt er und macht eine Pause, „dann weiß ich nicht, ob ich weiter gemacht hätte. Die Weltmeisterschaft ist daher überragend gelaufen für mich“. Eine große Portion neue Motivation dank Doppel-Gold. Gedanken an ein mögliches Ende seiner Karriere schwirren nicht mehr im Kopf. Stattdessen liegt der Fokus schon voll auf den nächsten Paralympics in Pyeongchang 2018. Denn die Paralympischen Spiele, weiß Kreiter, sind das Highlight schlechthin im Behindertensport. „Rund um die Paralympics war die Aufmerksamkeit größer als nach den WM-Siegen, obwohl ich in Sotschi keine Medaille geholt hatte.“

Doch der Traum vom paralympischen Edelmetall lebt. Dafür geht Kreiter in dieser Saison sogar ein Wagnis ein und hat sich nach vielen Jahren für ein neues Monoski-Modell entschieden. „Für mich ist es eine Saison zum Testen. Die Umstellung ist groß, doch ich habe gemerkt, dass ich dadurch auf längere Sicht einige wichtige Vorteile haben könnte“, berichtet der 30-Jährige. Inzwischen hat er sich immer besser an sein neues Gefährt gewöhnt, hat die Sitzposition und die Höhe optimiert. „Im Training funktioniert es gut. Jetzt bin ich gespannt, wie es im Rennen laufen wird“, sagt Kreiter vor dem Saisonauftakt in der Skihalle im niederländischen Landgraaf. Nach zwei Punkterennen (IPCAS) am heutigen Dienstag und Mittwoch stehen Donnerstag und Freitag die ersten Europacups auf dem Plan. Slalom – nicht gerade Kreiters Lieblingsdisziplin. „Ich rechne mir nicht großartig was aus, doch mal schauen, wie ich mit dem neuen Modell zurechtkomme.“

So will der Thanninger in dieser Saison vor allen Dingen viel testen und ausprobieren. „Es geht darum, Erfahrungen mitzunehmen und noch ein besseres Gesamtpaket zu finden.“ Dafür eigne sich diese Saison ohne Weltmeisterschaft oder Paralympics gut. „Viel später hätte ich so einen Wechsel mit Blick auf Pyeongchang nicht vornehmen dürfen“, sagt Kreiter, der ebenso wie Thomas Brüchle (Tischtennis) und Martin Schulz (Triathlon) zur Wahl zum Behindertensportler des Jahres steht (www.dbs-sportlerwahl.de).

Wie für den Doppel-Weltmeister geht es für das gesamte deutsche Alpin-Team um Materialtests oder eine neue Linienwahl. „Das sind größere Umstellungen, für die vor Großereignissen keine Zeit bleibt“, sagt Bundestrainer Justus Wolf. Daneben liege der Fokus auf dem Weltcup – und der Heranführung des Nachwuchses. „Es sind wieder einige neue Gesichter dabei, die Motivation ist top. Das freut uns“, so der Bundestrainer.

Nächste Station ist dann vom 11. bis 15. Dezember 2015 im Pitztal (Österreich), wo der Deutsche Behindertensportverband die Wettkämpfe veranstaltet, darunter auch die diesjährigen deutschen Meisterschaften. Dann wird auch die frischgebackene Weltbehindertensportlerin Anna Schaffelhuber wieder mit auf der Piste sein, die in Landgraaf aussetzen wird. „Wir freuen uns sehr, dass die Entscheidung so ausgefallen ist. Anna hat in Sotschi Großes geleistet und sich die Auszeichnung absolut verdient“, sagt Justus Wolf.

 

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