Para-Triathlet Martin Schulz: „Eine Prothese ist für mich ein Fremdkörper“

Erst Schwimmen, dann Radfahren und anschließend Laufen – Triathlon zählt nicht umsonst zu den härtesten Sportarten überhaupt. In Rio werden sich erstmals Sportler im Pendant zum Triathlon, dem Paratriathlon, messen.

Die deutschen Medaillenhoffnungen in der neuen Disziplin liegen auf dem zweifachen Weltmeister und vierfachen Europameister Martin Schulz. Beim Paratriathlon haben die Sportler Strecken von 750m Schwimmen, 20km Radfahren und 5km Laufen zu bewältigen. Martin Schulz misst sich im Training und im Wettbewerb für gewöhnlich mit Nichtbehinderten. Der 25-Jährige startet als einziger Sportler mit Handicap in der Triathlon-Bundesliga und war zuletzt bei den Deutschen Meisterschaften bester Teilnehmer seines Bundeslandes Sachsen.

Martin, Rio steht vor der Tür. Wie steht es um deine Qualifikation?

Für die Paralympics bin ich so gut wie qualifiziert. Die großen Wettkämpfe wie die Weltmeisterschaft, bei denen man die meisten Punkte für die Qualifikation einholen konnte, sind vorüber. Im Ranking könnte ich mich nur noch verbessern, die Qualifikation kann mir aber rein rechnerisch keiner mehr nehmen.

Dein Handicap betrifft deinen Arm, trotzdem ist das Schwimmen deine Paradedisziplin?

Ja, durch viele Jahre im Schwimmleistungssport habe ich ein recht hohes Level erreicht, mit dem ich bestimmte Dinge im Vergleich mit anderen Sportlern kompensieren kann, natürlich werde ich im Schwimmen nie das oberste Niveau erreichen. Ich bin auch realistisch genug zu wissen, dass ich nie die Chance haben werde, bei Olympia oder bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft im Nichtbehindertenbereich anzutreten.

Wieso trägst du keine Armprothese?

Ich bin früher schon als Kind viel draußen unterwegs gewesen und hatte nie Freunde oder Kumpels mit einer Behinderung. Ich bin auf Bäume geklettert, und die Prothese lag am Ende unten im Dreck. Für mich ist sie ein Fremdkörper. Anders wäre es wohl bei einer Beinprothese. Ich kann mit meinem linken Arm aber gut arbeiten und setze ihn viel ein.

 Was reizt dich am Sport?

Das Auspowern ist für mich sehr wichtig. Wenn Trainingspause ist, dauert es keine Woche bis ich hibbelig werde, da merke ich, wie sehr ich es brauche. Ich bewege mich gerne draußen im Freien, außerdem liegt mir die Vielfalt beim Triathlon. Deshalb war für mich schon früh klar, dass ich vom Schwimmen zum Paratriathlon wechseln werde, sollte diese Disziplin aufgenommen werden.

Wie oft trainierst du pro Woche? Wie ist der Sport mit deinem Beruf vereinbar?

Dank der Top-Team-Förderung des Deutschen Behindertensportverbandes konnte ich meine Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden reduzieren und komme so mit einer Teilzeitstelle aus. Auf das gesamte Jahr gesehen, trainiere ich im Schnitt 20 bis 25 Stunden pro Woche.

Der Internationale Leichtathletikverband IAAF hat Prothesen grundsätzlich zum unerlaubten Hilfsmittel erklärt. Bist du in deinem Sport auf ähnliche Probleme gestoßen?

Absolut gar nicht, weil ich gar kein Hilfsmittel im eigentlichen Sinne verwende. Ich schwimme ohne Prothese und laufe ganz normal. Auf dem Rad verwende ich eine Stütze, die lediglich den Unterarm ersetzt. Dieser ist ja kein Körperteil, das beim Radfahren auf die Pedale Kraft entwickelt. Einschränkungen habe ich trotzdem dadurch.

Wie finanzierst du deinen Sport und deine Sportgeräte?

Ich hatte das Glück ein Sponsoring zu haben, das nun aber eingestellt wurde. Der Sponsor zeigte leider kein Interesse, sein Engagement zu verlängern, da die Interessen woanders liegen und das mediale Interesse für den Behindertensport bis jetzt nicht sehr groß war, was sich seit 2015 aber stark zum Positiven verändert hat.

Martin, viel Erfolg in Rio und vielen Dank für das Gespräch!

Eric Scharfenort

Foto: DTU/ Jo Kleindl

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