Rollstuhltennis: Duale Karriere, drei Ziele

160706_KatharinaKrueger_Foto_DTB_rechtefreiKatharina Krüger ist erst 26 Jahre alt. Und trotzdem bereitet sich die Rollstuhltennisspielerin schon auf ihre dritte Teilnahme an den Paralympischen Spielen vor. Die seit ihrer Geburt querschnittgelähmte Berlinerin schafft seit Jahren den Spagat zwischen Leistungssport und Ausbildung. Ihr Ziel ist aber nicht nur sportlicher Erfolg, sondern auch, dass ihr Sport in Deutschland viel bekannter wird.

Eine Überraschung war es nicht mehr, als der Internationale Tennisverband Ende Juni ihre Startberechtigung für die Paralympischen Spiele bekanntgab. Katharina Krüger erfüllt als Weltranglisten-Zehnte alle Voraussetzungen. „Es sieht sehr gut aus“, sagt sie mit einem Lächeln. Denn noch ist nichts offiziell. Erst am 1. August wird der Deutsche Behindertensportverband seinen Kader für Rio verkünden. Doch es gibt nicht wirklich einen Zweifel: Krüger wird in Brasilien nach Peking und London zum dritten Mal an den Spielen teilnehmen –  obwohl sie erst 26 Jahre alt ist.

Schon als Kind nahm auch sie einen Schläger in die Hand, wenn ihre Eltern auf dem Court standen. „Dass ich im Rollstuhl sitze habe ich früh verstanden, trotzdem wollte ich mitspielen.“ Und wo ein Wille ist… So kam eines zum anderen, ganz natürlich irgendwie. „Ich spiele einfach unglaublich gerne Tennis“, sagt Krüger, die dem Top Team des Deutschen Behindertensportverbandes angehört.

Deshalb war sie auch ein bisschen traurig, dass sie es in diesem Jahr nicht nach Wimbledon geschafft hat. Auf dem „heiligen Rasen“ an der Church Road war 2016 erstmals ein Einzelwettbewerb für die ‚Rollis’ angesetzt, aber nur die ersten sieben Akteurinnen der Weltrangliste durften spielen. „Leider habe ich mich nicht qualifiziert“, sagt sie, „das bleibt natürlich ein Ziel für die Zukunft. Aber so habe ich mal eine Woche frei.“

Das ist schließlich selten genug. „Ich bin das halbe Jahr für Tennis unterwegs“, erzählt Krüger. Die andere Hälfte des Jahres geht für das Studium drauf. „Urlaub habe ich ewig nicht mehr gemacht.“ Katharina Krüger studiert an der Berliner Humboldt-Universität Rehabilitationspädagogik. Den Bachelor hat sie im letzten Jahr abgeschlossen, jetzt ist sie im dritten Semester des Masters. Wie das geht? „Mit sehr viel Selbstdisziplin und mit dem Verständnis der Uni“, erklärt sie.

Krüger hat den Wunsch, Unfallopfern zu helfen, mit ihrer neuen Lebenssituation zurechtzukommen

Es gibt in Berlin eine vorbildliche Kooperation mit dem Olympiastützpunkt, wie sie für Leistungssportler in der Ausbildung eigentlich unverzichtbar ist – aber leider nicht überall angeboten werden kann. „Ich kann alles sehr gut besprechen und auch meine Prüfungstermine so schieben, dass alles in den Zeitplan passt“, lobt sie, „die Uni kommt mir wirklich sehr entgegen“.

Der Wunsch, Unfallopfern dabei zu helfen, mit ihrer neuen Lebenssituation zurechtzukommen, ist bei einem Praktikum in einem Krankenhaus gereift. Sie hat gemerkt, dass sie als Selbstbetroffene ein Vorbild sein kann: „Ich habe die Vorstellung, in einer Reha-Klinik zu arbeiten und frisch Verunfallten eventuell neue Lebensperspektiven zu geben.“ Und da Sport ein sehr wichtiger Teil der Therapie ist, kann sie selbst ein Beispiel geben, was man auch mit Behinderung alles erreichen kann. Schade nur, dass Rollstuhltennis in Deutschland noch so wenig verbreitet ist. „Weltweit ist Rollstuhltennis eine der größten Para-Sportarten“, weiß Krüger, „bei uns steckt die Bekanntheit der Sportart  aber leider noch in den Kinderschuhen“.

Nur zwei Turniere in Deutschland gibt es auf der rund 170 Veranstaltungen umfassenden, weltweiten Tour. Nun aber tut sich etwas. Zahlreiche Projekte in Vereinen und Verbänden machen jüngst immer mehr Werbung für den tollen Sport. Auch die Tennisbundesliga hat sich klar zu dem „Schwestersport“ bekannt. Schon im letzten Jahr hatten die Clubs mit einer Vielzahl von Aktionen auf Rollstuhltennis aufmerksam gemacht und die Athleten unterstützt. Ab dieser Saison werden sie nun offizieller Partner des deutschen Rollstuhltennis. „Im Rahmen von hochklassigen Begegnungen können wir den Zuschauern Rollstuhltennis näherbringen und zeigen, was unsere Sportler leisten“, freut sich der deutsche Cheftrainer Christoph Müller.

Die mediale Aufmerksamkeit muss sich parallel dazu aber noch weiter entwickeln, um Rollstuhltennis noch besser zu etablieren. Dafür sind auch aufsehenerregende sportliche Erfolge wichtig. Das weiß Katharina Krüger – gerade auch deswegen sind die Paralympischen Spiele für sie ein ganz besonderer Anreiz.

Andreas Hardt (Medienmannschaft)

 

Weitere Artikel

Letzte Beiträge